Worüber man nicht so gerne spricht als Coach: Was alles schief gehen kann im Coaching

Ach, wäre es nicht traumhaft, wenn in unserem Beruf als Coach alles perfekt liefe? Unsere Klient*innen sind wundervoll, sympathisch und empfehlen uns begeistert weiter, unsereCoachinggespräche laufen reibungslos und erfolgreich, und wir könnten permanent die Welt umarmen.Leider wird im Coachingbereich gerne suggeriert,dass wir aufgrund des Kontextes, in dem wir arbeiten, über (fast) alles erhaben sind und in jeder Situation eine Lösung aus dem Hut zaubern.

Doch natürlich gibt es auch bei uns Dinge, die schiefgehen, die nerven oder uns vor manchmal unerwartete Herausforderungen stellen. Und von diesen stellen wir Dir einigevor und plaudern ein wenig aus dem Nähkästchen, wie wir damit umgehen:

Unpünktliche Klient*innen:

Was machst Du, wenn Deine Klient*in nicht auftaucht? Und sich offenbar nicht nur verspätet, sondern den Termin vergessen hat?

Unser Tipp:
Checke, ob ein Missverständnisvorliegt: habt Ihr beideden gleichen Termin aufgeschrieben? Hat die Klientin versucht telefonisch oder per Mail abzusagen, und Du hastes übersehen?Habt Ihreinen Onlinetermin vereinbart, während Dugemütlich in der Praxis wartest?
Sobald diese Punkte geklärt sind, geht es um den Umgang mit demausgefallenen Termin, der so kurzfristig natürlich nicht mehr besetztwerden kann: hat Dein*e Klient*in den Termin tatsächlich versemmelt, kannst Du ihn berechnen gemäß Eurem Vertrag.
Und trotzdem darf es auch hier Ausnahmen geben – wenn Dein*e Klient*in sonst immer zuverlässig und pünktlich ist, aber dieses eine Mal etwas dazwischengekommen ist, könnt Ihr besprechen, ob Dumit dem Honorar entgegenkommst. Sieh es positiv: vielleicht kommt Dir der ausgefallene Termin sogar zugute, weil draußen die Sonne scheint und Du Lust hast, einen Kaffee trinken zu gehen. Oder Du Dichan dem Tag nicht wohlfühlst und insgeheim froh bist, dass der Termin ausfällt.

Kurzfristige Absagen der Klient*innen:

Auch das ist ein Thema, das hin und wieder nervt. Du sitzt fröhlich und gut vorbereitet in der Praxis, und zwei Minuten vor Beginn klingelt das Telefon und dein*e Klient*in sagt ab. Was tun mit der unverhofft freien Zeit?

Unser Tipp:
Wie beim Thema Unpünktlichkeit wird grundsätzlich auch hier das vereinbarte Honorar fällig. Sie Dir auch hier den Grund für die Absage gerne genauer an. Vielleicht findest Dunoch eine zeitnahe Lücke im Kalender, die Dudeine*r Klient*in alternativ anbieten kannst. Versuche, die unverhofft freie Zeit sinnvoll zu nutzen für Dinge, die sowieso erledigt werden müssen, wie Rechnungen schreiben, Seminare vorbereiten etc.

Absagen durch uns Coaches:

Natürlichwirst auch Du als Coach hin und wiederTermine absagen und verschieben müssen, denn auch Du kannst krank werden oder einen Notfall haben, der Dich während der Coachingsitzungnicht so fokussiert sein lässt, wie Du es gerne hättest. Auch Dir kann es passieren, dass Du Termine versehentlich doppelt vergibst, oder erst gar nichtin Deinen Kalender eingetragen hast.

Unser Tipp:
Ehrlichkeit und Transparenz – gib zu, dass Du den Termin nicht eingetragen hast; greif zum Hörer, erkläre die Umstände und sage den Termin ab, wenn es Dir nicht gut gehtund finde gemeinsam mit Deinen Klient*innen einen Alternativtermin.

Verspätete oder nicht gezahlte Rechnungen:

Mahnungen bzw. Erinnerungen zu schreiben ist unangenehm. Und auch, wenn der Geldeingang in den allermeisten Fällen wunderbar klappt, kommt es doch vor, dass eine Rechnung nicht pünktlich bezahlt wird.

Unser Tipp:

Schau zuerst nach, ob Du die Rechnung auch wirklich gestellt, den korrekten Betrag und das richtige Zahlungsziel eingetragen hast, und ob die Rechnung tatsächlichzugestellt wurde (es passiert immer wieder, dass eine Mail nicht zugestellt wurde oder ein Brief zurück kommt). Falls Du trotzdem eine Mahnungverschicken musst, nutze eine der vorformulierten Mail- oder Briefvorlagen, in denen höflich und freundlich an die Zahlung erinnert wird.

Wird die Rechnung auch dann nicht gezahlt, stellt sich natürlich die Frage, ob es sich lohnt, einen Anwalt einzuschalten. Wäge hier ab, um welchen Betrag es geht – handelt es sich lediglich um eine Sitzung oder waren Deine Klient*innen mehrmals da? Geht es um einen hohen Betrag nach einem mehrtägigen Seminar? Von diesen Faktoren hängt das weitere Vorgehen ab.
Ganz grundsätzlich kannst Du beim Amtsgericht selbständig einen Mahnbescheid erstellen lassen, der dann an die in Zahlungsverzug geratene Person oder das Unternehmen geschickt wird.

Zum Glück kommt all dies äußerst selten vor!

Honorarvereinbarung:

Auf Deiner Webseite stehen transparent die Kosten für Deine Coachingleistung, so dass Du gar nicht auf die Idee kommst,über Dein Honorar zu sprechen? Oder es ist Dir unangenehm über Deine Gebühren zu sprechen? Oder Du hast in einem Vorgespräch schlichtweg vergessen, diese zu kommunizieren und Deine*n Klient*innen entgleisen die Gesichtszüge, wenn Du ihnen die Rechnung überreichst?

Unser Tipp:

Transparenz und Klarheit – schicke bereits in der Terminbestätigung einen konkreten Hinweis überdieanfallenden Gebühren mit. Sei klar in Deiner Aussage, dass Dein Coaching auch wirklich den von Dir geforderten Betrag wert ist. Und wenn Du einem Coachee finanziell entgegenkommen möchtest, sei auch hier klar in Deiner Entscheidung.

Fehlender Flow im Coaching:

Du bist im Coachinggespräch und der ersehnte Flow – bei Dir oder Deinem Coachee – stellt sich nicht ein. Was tun?

Unser Tipp:

Mach Dir klar, dass Coach ein ganz normaler Beruf ist. Du lernst das Handwerkszeug, solltest dieses jederzeit anwenden können und tust das auch. Und trotzdem muss das nicht heißen, dass jedes Coachinggespräch ein schwungvoller Tanz übers Parkett ist. Der Prozess kann durchaus hin und wieder herausfordernd sein. Ganz oft finden wunderbare Gespräche statt und Dein Coachee verlässt Deine Praxis beschwingt mit seinem erreichten Ziel. Und trotzdem darf es auch passieren, dass Dein*e Klient*innen es schwierig finden, sich auf den Prozess einzulassen oder bedrückt die Praxis verlassen.
Auch, wenn Dein Anliegen in aller Regel ist, dass der Coachee mit einem guten Gefühl nach Hause geht, mach Dir klar, dass der Prozess wichtig ist, das, was ihr gemeinsam erarbeitet habt. Und das wirkt oft erst im Nachgang!

Besucher im Coaching:

Ein Coachee kommt zu Dir, um jemand anderem (den Partner*innen, Vorgesetzten etc.) zu beweisen, dass sie/er sich helfen lassen möchte. In der Sitzung stellt sich aber heraus, dass es kein Thema gibt oder diese*r Klient*in ist der Meinung ist, kein Problem zu haben.

Unser Tipp:

Sei auch hier klar und transparent – sprich an, dass Du hier keinen Coachingbedarf siehst, und kläre das weitere Vorgehen.

Rapport und Sympathie:

Rapport, das grüne Band der Sympathie. Was ist, wenn Du das Gefühlt hast, dass sich der Rapport zu einem Coachee nicht aufbaut, wenn Du als Coach keine Verbindung zum Gegenüber spürst?

Unser Tipp:

Nimm es mit Humor und Gelassenheit. Denn auch, wenn es mit manchen Menschen schwieriger ist, bist Du als Coach immer in der Lage, Rapport herzustellen. Selbst dann, wenn Dir Dein Gegenüber nicht super sympathisch ist oder Du das Gefühl hast, nicht auf einer Wellenlänge zu sein. Nimm Dir etwas Zeit und versuche trotzdem, einen guten Rapport herzustellen.

Eigene Grenzen ziehen – wann breche ich ein Coaching ab:

Welche Grenzen ziehst Du für Dich persönlich, wenn vor Dir jemand sitzt,der sich beispielsweise rassistisch äußert?

Unser Tipp:

Sei Dir Deiner Werte bewusst und breche ein Coaching ab, wenn Dein Coachee Dinge äußert, die diesen Werten extrem entgegenlaufen. Es mag andere Coaches geben, die das Thema übernehmen und sich mit diesem Coachee auseinandersetzen möchten. Es ist völlig legitim, das für Dich persönlich zu entscheiden!

Prozesssicherheit während eines Coachings:

Mitten im Coachingprozess weißt Du plötzlich nicht mehr weiter. Oder Dir fällt partout nicht mehr ein, wie diese eine Intervention funktioniert, die Du anwenden wolltest. Oder Du hast plötzlich ein Gefühl von Leere im Kopf, einen Blackout. Was tun?

Unser Tipp:

Schinde etwas Zeit, stelle weitere Fragen, bis docheine Idee entsteht oder Du Dich an den Ablauf der Intervention erinnerst. Oder wähle eine andere Intervention, die ebenfalls zum Thema passt. Halte nicht krampfhaft an Deinem ursprünglichen Plan fest – es gibt immer eine Alternative.

Beim Online-Coaching kannst Du auf Deinem Bildschirm die Prozessbeschreibung der Interventionöffnen und nachsehen, wie diese funktioniert, wenn es Dir möglich ist, zeitgleich im Prozess mit Deinem Coachee zu bleiben.

Wenn all dies nicht hilfreich erscheint, sei auch hier transparent und ehrlich. Sag, dass Du eine kurze Pause benötigst, um Dir einen Kaffee zu holen, auf die Toilette zu gehen oder um etwas nachzusehen.

Ein wirklicher Blackout wird wohl eher am Anfang der Berufspraxis vorkommen, wenn überhaupt. Leite auch hier eine kurze Pause ein, hol Dir einen Kaffee. Und sei Dir bewusst: je mehr Erfahrung Du machst, desto sicherer wirst Du werden!

Neben all den erwähnten Dingen, die schiefgehen können, gibt es natürlich noch die kleinen Missgeschicke, die hin und wieder passieren:

  • Das nicht ausgeschaltete Handy, das im Coaching klingelt
  • Der Paketbote, der während des Coachings unbedingt sein Paket loswerden will
  • Der Kaffee, der mitten im Prozess versehentlich auf dem Schreibtisch – oder noch unangenehmer – auf dem Coachee landet
  • Der Vertrag, der trotz eines guten Vorgesprächs nicht zustande kommt
  • …und so weiter und so fort

Mach Dir bewusst, dass wir als Coaches nicht über jede Situation erhaben sind. Auch in unserem Beruf laufen hin und wieder Dinge schief. Wir vermasseln Termine und haben gute oder schlechte Tage. Wir sind Menschen und somit nicht perfekt. Wir sind keine Zauberer und keine Lichtgestalten, und auch wir kochen nur mit Wasser. Und all das darf durchaus so sein!

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